Handlungsfeld B1.1: Landwirtschaft

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Die größten Biodiversitätsverluste haben im Bereich der Wiesen stattgefunden. Vor allem deshalb, weil die traditionelle 2-3-schnittige Heuwirtschaft und Weidehaltung mit Mistdüngung durch Grünlandbewirtschaftung mit 4-7 Schnitten, intensiver Mineral- und Gülledüngung und schnell rotierender Mähtechnik abgelöst wurde. Diese Form der Grünlandbewirtschaftung ist in allen Tal- und Gunstlagen Vorarlbergs verbreitet. Als Folge des immer größeren Maschineneinsatzes wurden Landschaftselemente wie Bäume, Sträucher, Hecken, Steinmauern u.a. entfernt und die Schläge größer. Das Grünland besteht aus wenigen Grasarten und noch weniger insektenblütigen Pflanzen, was einen Rückgang an Nahrung und Lebensraum vor allem für bestäubende Insekten bedeutet.

Um diesem Trend entgegen zu wirken und auch mehr Vielfalt in der Lebensmittelproduktion zu erzielen, müssen folgende Maßnahmen ergriffen und gefördert werden:

Landwirtschaftliche Praxis

  • Ausschöpfung biodiversitätsfördernder Bewirtschaftungsmaßnahmen im ÖPUL (das Förderprogramm Landwirtschaft 2023-2030 sieht Förderung von bis zu 20% der Betriebsfläche als Biodiversitätsfläche vor), z.B. durch extensive Bewirtschaftung von Rändern und Rainen mit maximalem Nutzen für den Biotopverbund
  • Nutzung von alten und extensiven Tierrassen, die möglichst ohne Futtermittelimporte auskommen und das Grundfutter (Gras und Heu) gut verwerten, z.B. Tiroler Grauvieh
  • Zuchtprogramme, die eben dieser guten Futterverwertung von Grundfutter Rechnung tragen
  • Ausbau der pflanzlichen Produktion von Lebensmitteln und Eiweißfuttermitteln für Tiere
  • Kreislaufwirtschaft möglichst ohne Futter- und Düngemittelimporte
  • Kultivierung und Weiterentwicklung angepasster, nachbaufähiger Kultursorten
  • Sicherung der regionalen Saatgutversorgung mit angepassten, nachbaufähigen Kultursorten
  • Größere und langfristige Biodiversitätsflächen im Ackerbau
  • Weite Fruchtfolge und mehr Mischkulturenanbau (keine Maismonokulturen)
  • Anbau von insektenfreundlichen Zwischenfrüchten und Gründüngung
  • Flächendeckende Winterbegrünung am Acker
  • Anbautechnische und mechanische Unkraut- und Schädlingsbekämpfung, kein Einsatz von Pestiziden, Insektiziden, Herbiziden, Fungiziden
  • Angepasste mechanische und händische Bekämpfung von invasiven gebietsfremden Arten (Kanadische Goldrute, Springkraut…)
  • Ausbau der Mistkompostdüngung

Erhaltung durch angepasste Nutzung/Pflege

  • Angepasste Nutzung und Pflege von vorhandenen Flächen, die wertvoll für die Biodiversität sind, auch wenn es sich um Kleinflächen innerhalb größerer intensiver Nutzungseinheiten handelt (Kleinmoore, Quelltuffe, Magerflächen, Gräben…)
  • Schonende Grabenpflege in entwässerten Gebieten (v.a. unteres Rheintal)
  • Erhaltung und Neuanlage von Landschaftselementen mit nachfolgender Pflege (z.B. fachgerechter Obstbaumschnitt, Heckenschnitt, Wühlmausprävention…)

Mähtechnik

  • Insekten- und amphibienschonende Mäh- und Erntetechnik (z. B. Doppelmesser-Mähwerk, Mahdrichtung und Befahrmuster, Mahdzeitpunkt, Verzicht auf Mähaufbereiter), vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung des Todes durch Mähen
  • In der Pflege von wertvollen Flächen und Randstrukturen kein Einsatz von Schlegelmähgeräten und Mulchern

Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

  • Förderung der Weidewirtschaft und Hutweide mit verschiedenen Tierarten (Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel…)
  • Inwertsetzung von extensiven Flächen (Streuwiesen, Magerwiesen, Heuwiesen,…) durch regionale Produktentwicklung
  • Etablierung von Landschaftspflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
  • Förderungen zur Erprobung von neuen Methoden (z.B. Waldgärten, Silvoarable und silvopastorale Agroforstsysteme und Mischsysteme zur Förderung der Artenvielfalt)
  • Förderung der Biologischen Landwirtschaft und regionalem Absatz biologischer Lebensmittel
  • Ausbau von Weiterbildungs- und Beratungsleistungen zur Förderung des Verständnisses der Bewirtschafter*innen für Biodiversitätsanliegen, sowie Erfahrungsaustausch unter den Bäuerinnen und Bauern (z.B. 'Von Bauer zu Bauer über Vielfalt reden', 'Wir schauen auf unsere Wiesen', ergebnisorientierte Betriebsweise, phänologische Beobachtungen, Brutvögel-Monitoring)
  • Gesamtgesellschaftliche Bewusstseinsbildung hinsichtlich der Bedeutung von Biodiversität in der Landwirtschaft und dem Zusammenhang zur regionalen Lebensmittelproduktion samt Preisen.

Almen und Bergmähder

  • Sicherung einer angepassten Bestoßung der Almen mit verschiedenen Tierarten
  • Vermeidung von Nutzungsaufgabe und Überweidung
  • Förderung und Weiterentwicklung der Beratung für eine biodiversitätsfördernde Almbewirtschaftung
  • Erhalt von Berg-Mähdern
  • Keine Zufütterung von Kraftfutter; die natürliche Futtergrundlage auf den Almen muss für die Versorgung der Tiere ausreichend sein
  • Förderung der angepassten Tierarten und –rassen für die Alpung
  • Stärkung des Absatzes von Almprodukten