Handlungsfeld E3.3: Indirekt nutzbare Abwärme (Anergie) bereitstellen

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Verantwortlich für den Inhalt: Hans Punzenberger

Mitarbeit: Richard Büchele, Markus Kaufmann, Bernhard Massimo, David Schmidinger, Christof Drexel

Das Handlungsfeld mit seinen abgeleiteten Maßnahmen bezieht sich auf die Aktionsfelder 7.4 und 9.5 der Strategie der EA+.

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

Zukünftig werden Groß-Wärmepumpen voraussichtlich den größten Anteil der Netz-Wärme liefern [1]. Mit hoher Effizienz können solche Groß-WP betrieben werden, wenn Abwärme in Form von Anergie genutzt wird - also Wärmeströme, deren Temperaturen zu niedrig sind, um direkt genutzt zu werden. Vielfach steht (industrielle) Abwärme mit Temperaturen um 20-30°C zur Verfügung; manchmal auch deutlich mehr. Neben Industriebetrieben sind typische Anbieter Rechenzentren, Großbäckereien, Brauereien, Großmolkereien, Großwäschereien, größere Kühlanlagen, Großküchen, etc. Ergänzend hierzu kann die Nutzung von Seewasser erwogen werden, was allerdings mit deutlich geringerer Effizienz verbunden ist (vorteilhaft ist hier die sommerliche Kühlmöglichkeit). Die allgemeine Energiepreissteigerung macht die Fassung der Anergie und die Investition in Groß-WP ökonomisch deutlich attraktiver als bisher. Das Potenzial ist kaum beschränkt; hier werden 700 GWh/a Wärme (mit einer Arbeitszahl von 3,5 erzeugt) angesetzt. Der Effekt der Dekarbonisierung wird in der Nachfrage der Fernwärme (Reduktion fossiler Energieträger, unter Berücksichtigung der erforderlichen elektrischen Energie) abgebildet; die Schaffung des Angebots ist aus dieser Perspektive eine rein wirtschaftliche Angelegenheit.

Gesetze und Verordnungen, regional

Gesetze und Verordnungen, Bund und EU

  • Energieeffizienzgesetz: [2]

Förderungen und Subventionen, regional

Förderungen und Subventionen, Bund und EU

Gefördert werden mit bis zu 30% der förderfähigen Mehrkosten:

  • Anlagen zur Auskopplung von Abwärme aus industriellen und gewerblichen Prozessen
  • die Einspeisung von Abwärme in bestehende oder neue Nah- und Fernwärmenetze mittels Transportleitung und Verteilzentrale
  • Verteilnetze mit Übergabestationen
  • Wärmepumpen zur zentralen Temperaturanhebung von Abwärme für Heizzwecke
  • Niedertemperatur- bzw. Anergienetze mit verbraucherseitigen Wärmepumpen zur Nutzbarmachung der Abwärme

Infoblatt KPC Förderung Abwärmeauskopplung [3]

sowie Förderungen für

  • Energie aus Abwasser [4]
  • Geothermieanlagen [5]
  • Innovative Wärmeerzeuger und Netze [6]

Maßnahmen

Anergienutzungen ausarbeiten und umsetzen (E3.3.1)

Auf Basis der Maßnahme E3.2.1 (Identifizierung von Abwärmequellen), aber auch als Resultat der kommunalen Wärmeplanung (E3.1.1) sind industrielle und andere Anergiequellen (Abwasser, Seewasser, Geothermie) bekannt. Die Nutzung der Anergie erfolgt über Groß-Wärmepumpen, die einerseits konzipiert, kalkuliert und geplant werden müssen, andererseits sind die Rahmenbedingungen für die Nutzung zu erarbeiten und fixieren.

Analog zu E3.2.2 müssen auch hier die "Deals" auf Schiene gebracht werden; die Initiative liegt beim Facilitator:

  • Erarbeitung, Beschreibung und Kalkulation der technischen Lösung; ggf. in Zusammenarbeit mit Ingenieurbüro und/oder Technologieanbietern
  • Fixierung von Lieferbedingungen, Wärmepreisen, etc.
  • Gestaltung und Abschluss der Verträge

Insbesondere bei komplexeren Systemen und multimodalen Wärmenetzen sind Konzeption, Errichtung und Betreuung technisch anspruchsvoll; hierfür bieten sich professionelle Contracting-Anbieter an. Darüber hinaus sind Contractoren zur Inanspruchnahme der KPC-Förderung berechtigt [7] Als Investkosten gelten alle Anlagenteile zur Wärmeentnahme beim Abwärmebetrieb, sowie die Kosten der Wärmeeinkopplung beim Abnehmer Das Leitungsnetz zwischen den Teilnehmern wird ebenfalls anerkannt.

Auftraggeber / Entscheidungsträger Gemeinden
Umsetzung durch Unternehmen, Facilitator, EIV, Technische Büros, Contractoren, Energieversorger
Messung der Umsetzung Genutztes Abnergiepotenzial in den Vorarlberger Wärmenetzen

Best Practise Beispiele:

  • Stärkste Groß-WP Mitteleuropas in Wien [8]
  • Abwärmenutzung aus Zementwerk [9]
  • Abwärmenutzung Brauerei [10]
  • Abwärmenutzung Waffelproduktion (Backwerk) [11]
  • Abwärmenutzung Kupferproduktion [12]
  • Abwärmenutzung Gießerei [13]
  • Abwärmenutzung Stahl- und Walzwerk [14]
  • Abwärmenutzung Müllverbrennung und Abwasser [15]
  • Abwärmenutzung Rechenzentrum [16]

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Energiebilanzen

Der Energiekonsum des(der) Abwärmebetriebe(s) bleibt unverändert. Die teilnehmenden Nachbarn jedoch ersetzen ihre Öl und Gasheizungen und reduzieren diese Verbräuche um 100%. Dafür betreiben die Nachbarn elektrisch betriebene Wärmepumpen, welche in Hocheffizienter Betriebsweise arbeiten. Man kann zuverlässig von einer JAZ>4 ausgehen. Das bedeutet: Beträgt der Heizungs- und Warmwasserverbrauch der angeschlossenen Nachbarn 100%, so werden mehr als 75% davon reduziert. Die verbleibenden 25% werden nach wievor verbraucht, aber in Form von Strom (bevorzugt natürlich Ökostrom).

...auf die THG-Emission

Die THG Emissionen des Areals werden durch den Wegfall der Heizungs-(und WW)-Emissionen der teilnehmenden Nachbarn um typischerweise 90% reduziert. In besonders günsitgen Konstellationen können auch Reduktionen von >95% erzielt werden. Vorausgesetzt, dass Ökostrom zum Betrieb der Wärmepumpen genutzt wird.

...auf die Ökonomie

Erdgas und Öl betriebene Heizungen haben ihren Eigentümern bis Dezember 2021 Wärme um etwa 6 cent/kWh (bei Erdgas) bzw. 8 cent/kWh (bei Erdöl) bereit gestellt. Dies sind die reinen Energiekosten bei kleinen Abnahmemengen. Dazu müssen richtigerweise Instandhaltungskosten und Abschreibung der Anlagen von je 4 cent/kWh kalkuliert werden. Energiegestehungskosten sind somit etwa 10 cent/kWh bei Erdgas bzw. 12 cent/kWh bei Erdöl. Dabei sind billigere Einkaufskonditionen von Großverbrauchern nicht berücksichtigt. Mit diesen Kosten war man bisher um etwa 2 cent/kWh billiger, als jene Kosten, die durch Arealvernetzung entstehen.

Seit 2022 sind die reinen Energieträgerkosten so stark gestiegen, dass heute mit Arealvernetzungen billigere Wärmepreise möglich sind. Zusätzlich schlagen sich Strompreiserhöhungen nur zu einem Viertel auf den teilnehmenden Nachbarn durch. Das System ist sehr preisstabil.

Nicht zu vernachlässigen ist die lokale Wertschöpfung durch Arealvernetzung: Alle Tätigkeiten wie Planung, Bau, Betrieb, Wartung, Wärmeaustausch einer Arealvernetzung werden von lokalen Teilnehmern geleistet und verrechnet. Es entsteht eine lokale Wertschöpfung und Verbundenheit (wortwörtlich!) unter Nachbarn, welche auch das Sozialkapital erhöht.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen