Handlungsfeld I1.1: Konsum: Import Industrieprodukte reduzieren

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Verantwortlich für den Inhalt: Christof Drexel

Mitarbeit: Günter Lenz, Juliane Alton, Gerhard Schmid

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

Zum "sonstigen" Konsum zählen Bekleidung und Schuhe, Wohnungseinrichtung mit Haushalts- und Gartenartikeln, elektrische und elektronische Geräte, Papierprodukte und weitere Produkte des täglichen Bedarfs (Wasch- und Putzmittel, Körperpflege, ...) Dieser Konsum verursacht eine Emission in der Größenordnung von 1,5 Tonnen CO2e pro Person und Jahr [1]. In allen Bereichen ist es relativ leicht möglich, mit bewusstem Konsum einen relevanten Effekt zu erzielen - eine Emissionsreduktion von 30 bis 50% scheint ohne nennenswerte Einbußen möglich (Stichworte Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Nutzen statt Kaufen, ...). Das Reduktionsziel wird hier mit 0,3 to/pax (20%) bewusst vorsichtig gewählt.

Gesetze und Verordnungen, regional

  • keine

Gesetze und Verordnungen, Bund und EU

Verschiedene Regelungen auf europäischer Ebene haben Einfluss auf die nationalen Vorgaben in diesem Bereich, Stichworte: EU-Abfallrahmenrichtlinie, getrennte Erfassung von Alttextilien, weitere Bereiche sind im Gespräch. In Österreich ist heute schon zweimal jährlich eine getrennte Erfassung von Elektroaltgeräten für Re-Use verpflichtend. National relevante Regelungen: Abfallwirtschaftsgesetz [2], Elektroaltgeräteverordnung [3]

Förderungen und Subventionen, regional

  • keine

Förderungen und Subventionen, Bund und EU

  • Reparaturbonus für E-Geräte - Website BMK mit allen Infos: [4]

Maßnahmen

Die Gliederung der Maßnahmen erfolgt nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft und deren 10 Re-Strategien [5]. Fünf dieser Strategien eignen sich besonders für die konsumgesteuerte Reduktion der Emissionen.

Refuse: Kampagne gegen Konsumismus (I1.1.1)

Das Predigen von Verzicht wird den Konsum von Produkten, die vielleicht gar nicht gebraucht werden, nicht reduzieren. Vielmehr ist es Aufgabe einer solchen Kampagne, Werte zu vermitteln, die das Leben der Individuen in unserer Gesellschaft nachhaltig verbessern: Beziehungen, Familie, Kooperation, sinnstiftende Arbeit, Sozialkapital, Bewegung in der Natur, ... Gleichzeitig werden die vielen konkreten Alternativen zum überbordenden Konsum vermittelt. Für die Entwicklung dieser Kampagne ist eine Kommunikationsagentur zu beauftragen.

Auftraggeber könnte das Land Vorarlberg im Zuge der Umsetzungsphase der Green Deal Modellregion sein.

Messwert und Zielgröße sind zu erarbeiten.

Rethink: Kommunal organisierte Verleihe etablieren (I1.1.2)

Analog zu den Repair-Cafés (vgl. I1.1.5) werden - in Ergänzung zu professionellen Anbietern - kommunale Verleihe etabliert, etwa für Garten- und Heimwerker-Equipment (Werkzeug), selten benötigte Küchengeräte (Friteuse, Fondue-Geschirr, Raclette-Grill, ...) aber auch für selten benötigte Bekleidung (wie Ballkleider und Anzüge). Hierfür wird zusammen mit den Gemeinden / e5-Teams ein Konzept erarbeitet und den Gemeinden zugänglich gemacht. Die Umsetzung wird personell und finanziell unterstützt.

Die Koordinationsstelle könnte beim Land Vorarlberg, dem Gemeindeverband oder dem Energieinstitut angesiedelt sein.

Messgröße: Anteil der Vorarlberger Bevölkerung, die fussläufig (<1,5 km) Zugang zu einem kommunalen Verleih hat. Zielwert: 100% bis 2030.

Reduce: Offensive für ressourcenschonend hergestellte Produkte (I1.1.3)

Um den Konsum von ressourcenintensiven Produkten zu reduzieren, wird eine Förderstrategie für ressourcenschonend hergestellte Produkte erarbeitet. Dazu kann etwa regionales Handwerk (Möbel, Textilien, Wasch- und Pflegeprodukte), aber auch importierte Ware mit nachweislichem Effekt zählen. Die Kriterien (CO2-Fußabdruck bei der Herstellung, Langlebigkeit, Reparierbarkeit, ...) sind ebenso zu erarbeiten, wie die Förderstrategie selbst.

Die Strategie sollte von einem Experten-Netzwerk unter der Leitung des Landes erarbeitet werden.

Messgröße: Zeitpunkt der Umsetzung der erarbeiteten Strategie (2024: 100% / 2030: 0% / dazwischen linear).

Zielwert: 2024.

Reuse: Secondhand-Angebote massiv ausweiten (I1.1.4)

Das Angebot von Secondhand-Produkten wird landesweit koordiniert massiv erweitert. Dabei kann auf den bestehenden Strukturen, insbesondere der Caritas (carla [6]), der integra (Sieben Sachen [7]) und privater Anbieter wie etwa [8] aufgebaut werden. Diese flächendeckende Etablierung von Secondhand-Anbietern (die sich neben dem Verkauf auch um Sammlung, Sortierung, Reinigung, etc. kümmern) erfordert personelle und finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus werden private Initiativen, wie etwas das Use-What-You-Have-Festival [9], die Talente-Tauschbörse [10], Kleider-Tauschpartys und kommunale Flohmärkte gefördert.

Die Koordinationsstelle könnte beim Land Vorarlberg, dem Gemeindeverband oder dem Energieinstitut angesiedelt sein.

Messgröße: Anteil der Vorarlberger Bevölkerung, die fussläufig (<1,5 km) Zugang zu Secondhand-Angeboten hat. Zielwert: 100% bis 2030.

Repair: Infrastruktur für niederschweillige Reparaturen ausbauen (I1.1.5)

Durch die Schaffung einer Koordinationsstelle für die Reparatur-Infrastruktur werden Gemeinden (und einzelne Stadtteile) ermutigt, Repair-Cafés oder vergleichbare Angebote zu schaffen. Der Aufbau eines Repair-Cafés wird auf Basis der Vorreiter-Erfahrungen standardisiert beschrieben und personell unterstützt. Für den Betrieb erhalten Gemeinden Fördermittel, sodass etwa geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und die priavten Initiativen generell gefördert werden können. Für die Bewerbung der Reparaturen wird ein Konzept erarbeitet, das von den Gemeinden umgesetzt werden kann und alle Bevölkerungsgruppen anspricht. Jährlich finden zentral organisierte Fortbildungen für die ehrenamtlich Reparierenden statt, kombiniert mit einem Erfahrungsaustausch aller AkteurInnen. Beim Ausrollen dieser (ehrenamtlichen) Angebote wird großer Wert auf die Abgrenzung und Kooperation mit professionellen Anbietern von Reparaturen (inkl. Angebote von sozialen Unternehmen) gelegt, die ebenfalls von der Reparatur-Offensive profitieren sollen.

Die Koordinationsstelle könnte beim Land Vorarlberg, dem Gemeindeverband oder dem Energieinstitut angesiedelt sein.

Messgröße: Anteil der Vorarlberger Bevölkerung, die fussläufig (<1,5 km) Zugang zu Reparaturacafé und Tausch- und Verleihzentrum hat. Zielwert: 100% bis 2030.

Special: Strategien im Gesundheitswesen (I1.1.6)

Auf den ersten Blick nicht mit Konsum verbunden: Der Gesundheitssektor ist - via Medikamenten - für einen überraschend großen Import von Emissionen verantwortlich und auch hier gibt es Hebel. Zum einen ist die Pharmaindustrie sehr energieintensiv; zum anderen kann strategisch (Gesundheitsförderung; im übrigen auch durch Umsetzung einiger anderer Handlungsfelder) vorgebeugt und so Medikamentenbedarf reduziert werden. Stichworte hierzu:

  • Effizientere Verwendung von Produkten (z.B. Einwegmaterial) und Dienstleistungen
  • Anteil verschriebener bzw. gekaufter, aber nicht eingenommener Arzneimittel = 40-70%: [[11]
  • Überdiagnosen und -therapien reduzieren: [12]
  • Kohlenstoffarme Substitutionen und Produktinnovationen --> Einwirkung auf Dekarbonisierung der Pharmaindustrie (Pharmaindustrie ist THG-intensiver als Automobilindustrie: [13])
  • Divestments (z.B. Pensionen des Gesundheitspersonals ...)

Best Practice:

  • National Health Service UK: [14]
  • Healthcare without harm: [15]
  • Klimaneutraler Gesundheitssektor Deutschland: [16]
  • Klimaneutrale Arztpraxen: [17]
  • Gesunde Erde, gesunde Menschen: [18]
  • KLIK green https: [19]
  • Klimasensible Gesundheitsberatung: [20]

In Österreich wird sich das Kompetenzzentrum Klimawandel und Gesundheit an der Österreich GmbH der Dekarbonisierung des Gesundheitssektors widmen.

Ziel ist die Erarbeitung einer Reduktionsstrategie:

  • Datenerhebung
  • Partizipation der Fachpersonen und der Patient:innen und Klient:innen
  • Integration des Gesundheitssektors als Handlungsfeld in Klimastrategien
  • Datensammlung, Indikatorenbestimmung, Identifikation der Hebel, Monitoring
  • Analyse klimaschädlicher Finanzierungsströme im Gesundheits- und Sozialbereich (Outcomes Gesundheit, Chancengerechtigkeit, Emissionen gleichermaßen)
  • Stärkung der Climate-Related Health Literacy der Bevölkerung
  • Änderung der Beschaffungsmechanismen von med. Material und Medikamenten (Emissions-Fußabdruck sollte Kriterium sein)
  • Sensibilisierung, Fort- und Weiterbildungen

(Darüber hinaus ist der Gesundheitsbereich auch für relevante Emissionen im Sektor Gebäude und Mobilität verantwortlich, was aber in den spezifischen Handlungsfeldern adressiert wird.)

Der Lead könnte beim aks liegen; ein Reihe von Stakeholdern ist einzubinden.

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

Dinge länger (öfter, effizienter, ...) zu nutzen, ist aus Sicht des Nutzers per se ein ökonomischer Akt. Das nachfolgende exemplarische Beispiel von Second-Hand-Bekleidung liefert dementsprechend negative Vermeidungskosten. Sammlung, Sortierung und Re-Use von Second-Hand-Kleidung ist mit einem Effekt von rund 30 kg_CO2/kg_TEXTIL verbunden [21]. Der Preis von Second-Hand-Kleidung liegt gegenüber Neuware um 50-75% niedriger; die Ersparnis beträgt mindestens 25 €/kg_TEXTIL. Die negativen Vermeidungskosten liegen somit bei -833 €/Tonne_CO2.

Alleine die Substitution von 50% neuer Bekleidung durch Second-Hand-Ware führt bei durchschnittlichem Konsum (1000 €/a für Bekleidung) zu Einsparungen von mindestens 250 €/Person.a. Wird für alle oben beschriebenen Maßnahmen zusammen eine Einsparung von 250 €/Person angesetzt, führt dies zu einer Entlastung der Vorarlberger Bevölkerung in der Höhe von 100 Mio €.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Speziell der Bereich Re-Use wird bereits heute von sozialen Organisationen mitgetragen, die sich auch bei der Beschäftigung von am Arbeitsmarkt benachteiligten Menschen engagieren. Ein relevanter Effekt in einem ebenfalls sehr wichtigen gesellschaftlichen Thema.

Positive Auswirkungen

Reparaturen, ...

Negative Auswirkungen

Weniger (Mengen-)Absatz muss nicht weniger Umsatz, schon gar nicht weniger Ertrag bedeuten: Konsumgüter mit längerer Lebensdauer verursachen weniger Emissionen, aber mehr Umsatz als viele "billige" Produkte.

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

in Arbeit

Partizipation

in Arbeit

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen

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