Handlungsfeld M1.2: Personenverkehr verlagern

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Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Breuer

Mitarbeit: Martin Reis, Pia Blessing, Christof Drexel

Das Handlungsfeld mit seinen abgeleiteten Maßnahmen bezieht sich auf die Aktionsfelder 8.5, 8.6 und 8.7 der Strategie der EA+.

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

Für den privaten, motorisierten Individualverkehr (MIV) sind 1,35 Tonnen CO2 pro Person und Jahr anzusetzen. Der größte Teil davon (rund 40%) stellt die Strecke zur Arbeit oder Ausbildung dar; wiederum die Hälfte davon betrifft Strecken von weniger als 10 Kilometer - prädestiniert für Fahrrad oder E-Bike. Gemäß der letzten Kontiv-Befragung in Vorarlberg [1] wurden 2017 67% der Verkehrsleistung im MIV abgedeckt. Um davon 8% (5 Prozentpunkte) auf das Fahrrad zu verlagern, muss der Radverkehr von 5 Prozentpunkten (2017) auf 10 verdoppelt werden. Der THG-Reduktionseffekt beträgt 0,10 Tonnen pro Person und Jahr.

Des Weiteren kann für Alltagsstrecken zur Arbeit und private Erledigungen der Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr (ÖV) noch attraktiver gestaltet und im Gegenzug der MIV erschwert werden. Eine Reduktion des MIV um 15% bedingt eine Verlagerung der Verkehrsleistung von 10 Prozentpunkten (von 67 auf 57) des MIV zum ÖV (von 23 auf 33), der damit fast um die Hälfte zulegen muss. Der THG-Reduktionseffekt beträgt ca. 0,12 Tonnen pro Person und Jahr (VOR vollständiger Elektrifizierung des ÖV).

Gesetze und Verordnungen, regional

  • Stellplatzverordnung: [2]

Gesetze und Verordnungen, Bund und EU

  • Straßenverkehrsordnung: [3] (§3 - Rücksichtnahme, §7 Einbahnstraßen, §64a zusammenhängende Fahrradstraßen, §68 Rechtsabbiegen bei rot; §26a Busspuren)

Förderungen und Subventionen, regional

  • Förderung von Radrouten (für Gemeinden): [4]
  • Nachrüstung von überdachten Fahrradabstellanlagen: [5]

Förderungen und Subventionen, Bund und EU

  • keine

Maßnahmen

Der Erfolg der nachstehenden Maßnahmen wird am veränderten Modal Split gemäß Kontiv-Befragung gemessen - Zielsetzung Wegeanteile 33% PKW-Lenker*innen im Jahr 20230 (Umfrage 2017: 43%).

ÖV-Angebot ausbauen (M1.2.1)

Die Verlagerung vom MIV auf den ÖV wird durch massiven Ausbau und Verbesserung der Qualität ermöglicht. Vgl. EA+-Strategie 8.6.3.1-3

VCÖ-Factsheet zum Thema Mobilitätsgarantie: [6]

  • Kapazitäten ausbauen, Doppelstockgarnituren im Nahverkehr, Ausbau der Kapazitäten für Radmitnahme im Zug, Taktverdichtung Bus, Einführung von Schnellbuslinien, ÖV-Angebot durch gut integrierte Zusatzangebote (Rufbusse, AST etc.) ergänzen. Evtl. Aufbau gebündelter Sharing-Angebote [7]
  • Anbindung Vorarlbergs an internationale Nachtzüge in Innsbruck, Zürich, München, Augsburg und Ulm forcieren
  • Flächensicherung und langfristige Planung Ausbau Schiene (3-gleisig, Neuerschließung von Regionen, Beispiel Wälderexpress [8])

Verantwortlich: Land / VVV, Gemeinden

Radverkehr fördern (M1.2.2)

Vgl. EA+-Strategie 8.5.3.1-7

  • Infrastrukturausbau für gefahrloses Radeln, Netz an guten Radabstellanlagen (überdacht, Lademöglichkeit für E-Bikes, sicher, bei allen Wohnbauten, Arbeitsstätten und öffentlichen Zielpunkten). Siehe auch Radverkehrsstrategie des Landes Kettenreaktion [9]
  • Aufbau Netz Radschnellverbindungen (45 km/h) [10] [11]

Verantwortlich: Land / VVV, Gemeinden

Verlagerung betrieblich forcieren (M1.2.3)

  • Betriebliches Mobilitätsmanagment [12] (vgl. EA+-Strategie 8.7.3.1)
  • firmenübergreifende Mitfahrzentralen (Best Practise aus der Region Nürnberg [13])
  • Forcierung betriebliches Mobilitätsbudget: Mitarbeitende bekommen ein jährliches Mobilitätsbudget zur Verfügung gestellt, im Gegenzug werden Parkgebühren eingeführt. Systematischer Anreiz ohne eigenes Auto in die Arbeit zu kommen. Das nicht verbrauchte Budget kann für ÖV-Karten, Jobfahrradraten, Lebensmittelgutscheine, Kulturangebote genutzt werden oder sozialen Zwecken gespendet werden. Good Practise: [14] [15] [16]
  • Betriebliche Beschaffungsaktionen E-Bike und S-Pedelec; Dienstrad-Leasing [17]

Umsetzung durch: Arbeitgeber allgemein / Koordination tbd

Gute ÖV-Anbindung raumplanerisch sichern (M1.2.4)

Wohnraumverdichtung insbesondere an Orten mit guter ÖV-Anbindung ermöglichen.

Verantwortlich: Land / Gemeinden

MIV zugunsten sanfter Mobilität erschweren (M1.2.5)

  • PKW-Abstellplätze zurückbauen und entsiegeln
  • Flächendeckende, gemeindeübergreifende Einführung von Parkraummanagement, auch in Betriebsgebieten [18]
  • Stellplatzschlüssel an Orten mit guter ÖV-Anbindung reduzieren, Good Practise Beispiele: Graz [19], Düsseldorf: [20]
  • Verpflichtendes Mobilitätskonzept für große Verkehrserreger (Großveranstaltungen, Großbetriebe) [21]. Good Practise Superbloom, München: [22] Leitfaden "Parkraummanagement lohnt sich!" der Agora Verkehrswende: [23]

Verantwortlich: Land (Stellplatzverordnung, Tarifmodell), Gemeinden

Einwirkung auf Bundesebene

  • Ausbau Nachtzugangebot im Fernverkehr

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

Verlagerung auf den ÖV

Die Beschreibung dieser Ökonomie erfordert eine Reihe von Annahmen: Die Verlagerung von 15% des MIV entspricht einer Jahresfahrleistung von ca. 340 Mio. Kilometer. Bei einer mittleren ÖV-Fahrleistung von 2500 km/Person ergibt dies 136.000 Personen, die (zusätzlich zu den derzeitigen Jahreskarten-Besitzern) eine Jahreskarte erwerben. Die jährlichen Kosten hierfür betragen regulär 363 €, 255 € für Senior*innen und 192 € für Jugendliche bis 25 [24]. Auf Basis der Bevölkerungsstruktur Vorarlbergs (Jugendliche bis 25: 27,2%, Senior*innen ab 65: 17,5%, Rest: 55,3%) [25] führt dies zu laufenden Kosten von 40,4 Mio €.

Demgegenüber werden die variablen Kosten des MIV (0,24 €/km) eingespart, was einer Summe von 81,6 Mio. € entspricht.

In Summe ergibt sich eine Einsparung von 41,2 Mio. €, was wiederum negative CO2-Vermeidungskosten in der Höhe von -2010 €/Tonne ergibt.

Die Kosten für die öffentliche Hand (Ausbau ÖV, aber auch Einnahmen durch Verkauf von Jahreskarten und Reduktion der externalisierten Kosten) werden an dieser Stelle nicht betrachtet.

Verlagerung auf das Fahrrad

Hier wird zunächst davon ausgegangen, dass für die Verlagerung auf das Fahrrad die entsprechende Zusatz-Investition (Neukauf) getätigt werden muss; es werden deswegen aber keine PKW weniger gebraucht. (Berücksichtigung erfolgt im Handlungsfeld M3.1)

Es sollen 8% der heutigen PKW-Fahrleistung ersetzt werden, für diese 181 Mio. Kilometer werden 90.000 Fahrräder (Jahresfahrleistung 2000 km) gebraucht. Das Verhältnis von E-Bikes zu klassischen Fahrrädern betrug zuletzt 45:55 [26]; die mittleren Beschaffungskosten werden mit 2500 und 700 € angesetzt. Das ergibt eine Investition von 136 Mio. €; kapitalisierte Kosten bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von sieben Jahren: 20,6 Mio. €.

Die laufenden Kosten für E-Bikes (Wartung und Reparaturen, evtl. Versicherung) werden mit 250 €/a abgeschätzt. Die elektrische Energie spielt demgegenüber mit 4 €/a keine Rolle (Verbrauch ca. 10 Wh/km; 20 cent/kWh, ergibt 0,002 €/km).

Die laufenden Kosten für klassische Fahrräder beschränken sich auf Wartung/Versicherung/Reparaturanteil, geschätzt 200 €/a.

Gesamte laufende Kosten somit 20,2 Mio. €.

Demgegenüber werden die variablen Kosten des MIV (0,24 €/km) eingespart, was einer Summe von 43,4 Mio. € entspricht.

In Summe ergibt sich eine geringe Einsparung von 2,6 Mio. €, was wiederum negative CO2-Vermeidungskosten in der Höhe von -104 €/Tonne ergibt.

Beachtenswert ist, dass dem Radfahren ein "externer Nutzen" unterstellt wird - im Gegensatz zum Auto-Kilometer, der externalisierte Kosten verursacht (Unfälle, Staus, Bau und Erhalt der Infrastruktur, ...). Dieser externe Nutzen - etwa in Form von Entlastung des Gesundheitssystems - wird in [27] mit 0,18 €/km beziffert, was in diesem Fall den öffentlichen Haushalt mit 33 Mio. €/a entlastet. Diese Summe reicht jedenfalls aus, um die beschriebenen Maßnahmen umzusetzen.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen