Handlungsfeld N1.2: Grüne Städte und Dörfer

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Verantwortlich für den Inhalt: Christina Vaccaro

Mitarbeit: Katrin Löning, Hermann Kaufmann, Gerold Strehle, Martin Jenny, Christof Drexel

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

In den Städten und Dörfern sind multifunktionale Ökosystemleistungen zu erhalten und zu verbessern [1]. Dabei geht Erhalt (Alter) vor Neuschaffung, Stärkung charakteristischer Ökosysteme vor standortfremden (z.B. gehören auf Magerwiesen keine Bäume). Kohlenstoff wird in Pflanzen durch die Atmung bzw. für das Wachstum gebunden. Das größte Potential liegt dabei im Wurzelbereich, im Boden (insbesondere in Moorböden, Waldböden, aber auch im Wurzelbereich von Einzelgehölzen und Wiesen). Hier kann Kohlenstoff über Jahrhunderte gebunden werden. An zweiter Stelle kommen die Stämme der Bäume, die, solange sie nicht wieder zersetzt werden, ebenfalls Jahrzehnte bis Jahrhunderte Kohlenstoff speichern können.

Stadtbäume speichern (pro Baum) zwischen 10 und 100 kg C pro Jahr, also zwischen 37 und 367 kg CO2 pro Jahr (und Baum) im oberirdischen und unterirdischen Bereich binden [2]. Das Ausmaß der CO2-Aufnahme variiert - in Abhängigkeit des Lebensalters (am Anfang und am Ende weniger, in der Mitte mehr) - auch von Baumart zu Baumart und den lokalen Standortbedingungen. Eine große Anzahl von standortgerechten Baumpflanzungen außerhalb der Wälder könntee deshalb eine gewisse Bedeutung erlangen. Abgesehen von der positiven Auswirkung auf Mikroklima und Wohlbefinden erfolgt eine relevante Entnahme von CO2 und die langfristige Speicherung des Kohlenstoffs. Mit der Pflanzung von einem Baum pro Einwohner*in wäre somit eine relevante, nachhaltige Kohlenstoffsenke installiert (konservativ gerechnet (Neupflanzungen speichern weniger CO2) etwa -0,15 Tonnen CO2 pro Person und Jahr [3]).

Der Boden ist einer der bedeutendsten Kohlenstoffspeicher; er bindet im Humus fast dreimal mehr Kohlenstoff als die gesamte lebende Biomasse (inklusive Bäume) [4], denn Humus besteht zu fast 58% aus Kohlenstoff1. Die Kohlenstoffspeicherung im Boden in den obersten 90 cm von Dauergrünland beträgt zwischen 12 und 17 kg/m² [5]. Die mögliche CO2-Bindung durch Humusaufbau im Boden beträgt 2-10 Tonnen pro Hektar und Jahr1.

Ziel ist es daher (1) Bäume in Siedlungen, insbesondere im Rheintal und Walgau innerhalb der Siedlungsgrenzen, zu erhalten bzw. neue zu setzen und (2) eine klimawirksame Durchgrünung zu sichern: 25% der Bauflächen und Bauerwartungsflächen werden nicht über- oder unterbaut und stehen gewachsenem Boden, Bäumen und besonderen Biotopen zur Verfügung. Neuversiegelung muss zwingend reduziert werden, sodass sie bis 2040 auf 0% kommt (durch Nachnutzungen, Überbauungen von bereits versiegelten Flächen und Entsiegelungen).


1Gerald Dunst: Humusaufbau. Chance für Landwirtschaft und Klima. 2. Auflage, Sonnenerde Gerald Dunst Kulturerden GmbH, 2019.

Maßnahmen

Neben den nachstehenden Maßnahmen innerhalb von Siedlungsräumen kann auch durch Agroforstsysteme Kohlenstoff in nennenswertem Umfang gespeichert werden [6]. Möglichkeiten und Quantifizierungen sind noch zu erarbeiten.

Schutz und Förderung von Bäumen in Siedlungsräumen (N1.2.1)

Integration der Bestandsbäume in räumliche Planungsinstrumente, Identifikation neuer Baumstandorte im öffentlichen und privaten Raum (Kartierung von Bestandsböden, -bäumen, besonderen Lebensräumen und Landschaftselementen (siehe z.B. Gemeinde Frastanz), in den Gemeinden, auf den Liegenschaften), Festlegung von Standards für Baumstandorte und Baumarten bei Neupflanzungen zur Optimierung der Wachstumsbedingungen, Aufbau regionaler Baumschulen (Sicherstellung von zukunftsfähigen regionalklimatisch und ökologisch angepassten Pflanzen), Einbindung zivilgesellschaftlicher Engagements sowie flächenintensiver Unternehmen. Anknüpfung an diverse Projekte der Klar! Regionen und dem Landesprojekt Siedlungsbäume für mehr Artenvielfalt.

Das Land Vorarlberg (Naturvielfalt in Siedlungen) sollte hierzu einen Koordinationsauftrag vergeben. Im Rahmen des Landesprojektes Siedlungsbäume kristallisiert sich evtl. dazu eine Arbeitsgruppe. Klar! – Region Plan B, Stadt Dornbirn, Lustenau und viele weitere Gemeinden nehmen sich dieses Themas bereits an, sind aber oft unterbesetzt und allein unterwegs.

KPI: Koordinationsauftrag vorhanden/nicht vorhanden

Zielwert: Bis Ende 2024 sind die Strategien zur Zielerreichung in den Regionen definiert (Konzeption), bis 2030 (bis 2040) sind die Ziele zum Erhalt der Bestandsbäume und zu Neupflanzungen in den Gemeinden (Walgau und Rheintalgemeinden) zu 50% (100%) umgesetzt; bis 2030 wenden 75% der Gemeinden im Walgau und Rheintal die entwickelten Standards für Neusetzungen an, haben Vorgaben in Regelwerke integriert; bis 2030 werden 25% der Jungbäume für Siedlungen in Vorarlberg angebaut. Es werden vornehmlich regionaltypische bzw. europäische und zukunftsfähige Arten mit hohem Biodiversitätspotential geschult (siehe Empfehlungsliste für Vorarlberger Baumarten in Siedlungen)

Monitoring: Abfrage

Sicherung einer klimawirksamen Durchgrünung in Siedlungsräumen (N1.2.2)

Schaffung einer planerischen Grundlage zur Sicherstellung des Biotopverbundes und Integration von Begrünungen in diverse Instrumente und Regelwerke der Gemeinden (und Landesraumplanung). Kartengrundlagen mit Informationen zu unterirdischen Infrastrukturen und klimawirksamen Böden (Wiesen, Auböden, Feuchtgebiete, Wald- und Heckenböden) in den Gemeinden als Planungsgrundlage. Strategien zur Entsiegelung. Zusätzlich: Bewusstseinsbildende Maßnahmen. Initiierung von Pilotprojekten in Wohnquartieren und Betriebsgebieten zur Umsetzung der Ziele.

Akteure: Landesraumplanung, Klimaschutzabteilung, Gemeindeverband, Projekt Zukunftsgrün, pulswerk. Klar! Regionen

KPI: Reduktion der Neuversieglung

Zielwerte: Reduktion Neuversiegelung in Form von Überbauung, Unterbauung, Versiegelung um 75% zum heutigen Stand (Neuversiegelung liegt bis 2040 auf 0%. Nachnutzungen, Überbauungen von bereits versiegelten Flächen und Entsiegelungen; Anteil der nicht unter- und überbauten Flächen bei allen Neubauprojekte ab 2030 bei 25%; 2024 gibt es für zwei (bis drei) Gemeinden die ersten Kartengrundlagen für die unterirdische Infrastruktur. Sie sind Vorlage für weitere Kartierungen (bis 2030 15 weitere Gemeinden) und Grundlage für strategische Maßnahmen; bis 2025 haben 3 Gemeinden eine Strategie zur Nullneuversiegelung bis 2040; bis 2030 haben 3 Gemeinden in Pilotregionen das Ziel 25% der Bauflächen als klimawirksame Flächen nicht zu über- oder unterbauen aufgenommen und im Planungs- und Umsetzungsprozess (soweit möglich) integriert und Erfahrungen dokumentiert; bis 2030 haben mindestens 20 Gemeinden im Walgau und Rheintal Vorgaben zur Sicherung klimawirksamer Durchgrünung in ihre Instrumente integriert und werden bei Neuentwicklungen systematisch angewandt)

Monitoring: Abfrage

Optimierung von Bauvorhaben (N1.2.3)

Gemeinden geben Privaten und Wirtschaft machen einfache Vorgaben zur Optimierung, bieten Informationen und Beratungen, sind mit ihren eigenen Bauvorhaben ein Vorbild. (An der Hochschule für Technik Rapperswil wurden Musterreglements entwickelt [7] – die könnten als Anhaltspunkt für Vorarlberg weiterentwickelt werden, geprüft werden). Schaffung von guten Beispielen in Kooperation mit Akteuren des Bauwesens.

Akteur: Gemeindeverband, Wirtschaft, Grundbesitzer, Verbände

KPI: Reglement/Vorgaben zur Optimierung von Bauvorhaben vorhanden/nicht vorhanden

Zielwert: Umsetzung der Vorgaben

Monitoring: Abfrage

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

Die Kosten einer Baumpflanzung liegen bei sehr jungen Bäumen zwischen 100 und 300 €, für Bäume mit 40 cm Stammumfang und einem Alter von bis zu 20 Jahren müssen 3000 bis 5000 € gerechnet werden; je nach Untergrund sogar noch deutlich mehr.

Werden Bäume dieser Größe in Städten und Dörfern verpflanzt, wird ein mehrfacher Nutzen in Form von kühleren Innenstädten, besserer Luftqualität, begünstigter Biodiversität und vor allem gesteigertem Wohlbefinden erzielt; diese Kosten auf die Tonne CO2 umzulegen, wäre insofern nicht korrekt.

Für die ökonomische Betrachtung des Effekts der Kohlenstoffspeicherung soll deshalb das Pflanzen von Jungbäumen herangezogen werden - Annahme € 250,--/Stk, bei einem jährlichen Aufwand für die Pflege von € 300,--. Die CO2-Entnahmekosten liegen mit rund 2000 €/to dennoch sehr hoch, auf lange Sicht ist jedoch auch hier der Mehrfachnutzen wir oben beschrieben zu berücksichtigen.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen