Handlungsfeld N1.4: Biokohle produzieren

Aus EGD
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Verantwortlich für den Inhalt: Christina Vaccaro

Mitarbeit: Matyas Scheibler, Christof Drexel, Tobias Ilg

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

Weltweit wurden in zunehmendem Maße Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Herstellung und Anwendung von Biokohlen aus biogenen Ausgangsstoffen mit dem Ziel der Bodenverbesserung und Kohlenstoffspeicherung in Böden durchgeführt. Verfahren zur Pyrolyse und hydrothermalen Carbonisierung sind entwickelt und erste industrielle Anlagen in Betrieb genommen [1]. Für die thermochemische Umwandlung von Biomasse in Kohle ist eine große Bandbreite an biogenen Reststoffen geeignet; einen sehr guten, aktuellen (Februar 2023) Überblick bietet [2]. Den größten Anteil der geschätzten Biomasse-Potenziale steuern Nebenprodukte/Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft bei. Die Biokohleherstellung aus biogenen Reststoffen hat den Vorteil, dass die meisten dieser Ausgangsstoffe ohnehin zum Schutz der Umwelt sachgemäß behandelt und/oder verarbeitet werden müssen; es entfallen damit erhebliche Sammlungs- und Behandlungskosten [3].

Unter der Annahme, dass alle Biomasse-Heizwerke BHKWs werden und mit der Syncraft-Technologie mittels Pyrolyse Kohlenstoff abscheiden, könnten bei einem Energieinhalt von 600 GWh etwa 30.000 Tonnen CO2 gebunden werden (-0,08 Tonnen CO2 pro Person und Jahr). Referenz mit 30 GWh_el: [4]. Darüber hinaus könnte noch Grünschnitt und anderes organisches Material pyrolisiert werden, das Potenzial in Vorarlberg dürfte basierend auf den Erfahrungen der Stadt Basel bei 1500 Tonnen Pflanzenkohle (entspricht ca. 5500 Tonnen CO2). Technologie: [5] (oder andere). Die Produktion von Biokohle könnte mit sehr einfachen Mitteln auch dezentral erfolgen. Mit Hilfe der sogenannten Kon-Tiki-Methode können Landwirte oder auch Privatpersonen beim Obst- und Gartenbauverein eigene Kohle produzieren. Allerdings müsste hierzu diese fachgerechte Methode in die Ausnahmen des Bundesluftreinhaltegesetz aufgenommen werden.

Herausforderung zur Ökonomie der Biokohle: Als landwirtschaftlicher Dünger funktioniert sie am besten in nährstoffarmen Böden (also nicht in Vorarlberg). Andere Möglichkeit zur Leistbarkeit der Biokohleproduktion wäre über CO2-Zertifikate. Trotzdem bleibt die Frage, wie viel geeignetes organisches Material regional zur Verfügung steht und wo die Biokohle regional wieder Verwendung finden kann. Laut [3] ist das Potenzial groß: Pro Hektar würden einmalig ca. 15 Tonnen Biokohle benötigt, um den Humusaufbau anzustoßen (Vgl. Humusaufbauhilfe von positerra [6]). In Vorarlberg gibt es ca. 3000 Hektar Ackerfläche. Auch auf Gründland ließe sich Biokohle ausbringen.

Derzeit werden im Energiewerk Ilg (Dornbirn) jährlich etwa 1000 Tonnen Biokohle - als Nebenprodukt von Strom und Wärme - produziert, womit nur ein sehr kleiner Teil der Ackerflächen versorgt werden kann. Das Potenzial der in Vorarlberg genutzten Biomasse reicht laut [7] aber leicht aus, wenn die Produktion der Kohle entsprechend ausgebaut wird.

Maßnahmen

Ausbau der Biokohleproduktion (N1.4.1)

Der allergrößte Teil der energetisch verwerteten Biomasse wird in Vorarlberg ausschließlich thermisch genutzt. Die zeitgleiche Kraft-Wärme-Kopplung (Strom und Wärme-Gewinnung) und Biokohle-Produktion ist möglich. Neben sämtlichen neuen Heizwerken sollen auch die bestehenden Biomasse-Heizwerke in Vorarlberg nach und nach in BHKWs mit zweistufigem Schwebebett-Vergaser-Verfahren (oder entsprechender Technologie) umgerüstet werden.

Akteur Land, Betriebe
Messwert Biokohleproduktion in Tonnen (Qualität?)
Zielwert 25.000 Tonnen jährlich
Monitoring Abfrage

Biokohle aus Grünschnitt gewinnen (N1.4.2)

Für die Verwertung von Grünschnitt wird ein landesweites Konzept ausgearbeitet. Neben der Fixierung des Kohlenstoffs liefert die Pyrolyseanlage auch wertvolle Wärme für Wärmenetze. Bei der Standortwahl ist dies entsprechend zu berücksichtigen.

Akteur Land, Betriebe
Messwert Biokohleproduktion in Tonnen
Zielwert 5.000 Tonnen jährlich
Monitoring Abfrage

Biokohle-Anwendung in der Landwirtschaft (N1.4.3)

Einsatz von Biokohle auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen, optional im Zusammenhang mit der Umstellung auf biologische Bewirtschaftung (vgl. Maßnahme XY). Vor der Ausbringung der Biokohle muss diese mit Nährstoffen aufgeladen werden (z.B. Vermischung mit Kompost, Mist, Gülle).

Akteur Land, Landwirte
Messwert auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebrachte Biokohle
Zielwert 15 Tonnen Biokohle pro Hektar
Monitoring Abfrage

Ermöglichung der dezentralen Biokohle-Produktion (N1.4.4)

Die dezentrale Produktion von Biokohle für Landwirte und Privatpersonen bedarf der Aufnahme fachgerechter Methoden (z.B. Kon-Tiki-Methode [8]) im Bundesluftreinhaltegesetz und entsprechender Schulungen. Darüber hinaus sollen weitere Ansätze verfolgt werden: (1) Entwicklung von Instac-Einschwenkmodulen zur nierderschwellingen, flächendeckenden Erzeugung von Pyrolyse-Pflanzenkohle in bestehenen Heizwerken (Startpunkt: Biomassefeuerungshersteller (Mawera / Bertsch)), (2) Vereinfachung/Zulassung/Anschub der Weiterverarbeitung und Inverkehrbringung von Pflanzenkohle in sek. Bodenverbesserern und Torfersatz-Erden bzw. org. NPK-Düngemittelsortimenten, zB. G2H Verfahren (Gärrestaufbereitung), (3) kritische Überprüfung des Europäischen Pflanzenkohle Zertifikats [9] und Übergangs-/Gleitklauseln spezifizieren.

Akteur Land, Gemeinden
Messwert Aufnahme ins Bundesluftreinhaltegestz, (einfache) Schulungen/Workshops
Zielwert Aufnahme bis 2025
Monitoring ?

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

Für Pflanzenkohle ist bereits ein relevanter Markt entstanden, z.B. [10]. Der Preis liegt derzeit (Dez.22) bei 250 €/toCO2e.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen

Umfangreicher Bericht zu den Chancen und Risiken von Biokohle:

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_04_2016_chancen_und_risiken_des_einsatzes_von_biokohle.pdf