Handlungsfeld G1.2: Energetisch hochwertige Sanierung

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Für den Inhalt verantwortlich: Martin Ploß

Mitarbeit: Theresia Tschol, Christof Drexel

Das Handlungsfeld mit seinen abgeleiteten Maßnahmen bezieht sich auf das Aktionsfeld 6.5 der Strategie der EA+.

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

In diesem Handlungsfeld geht es nicht um die Menge der zu sanierenden Gebäude, d.h. um die Höhe der Sanierungsrate, sondern um die mittlere energetische Qualität der Sanierungen.

Der mittlere Heizwärmeverbrauch des aktuellen Wohngebäudebestandes liegt in der Größenordnung von ca. 90 bis 100 kWh/(m²WNFa) [1]. Die realen Heizwärmeverbräuche der besten umfassenden Sanierungen im deutschsprachigen Raum liegen bei knapp 20 kWh/(m²WNFa), zahlreiche weitere Gebäude erreichen gemessene Verbräuche von etwa 25 bis 30 kWh/(m²WNFa) [2]. Der mittlere Heizwärmeverbrauch der sanierten Gebäude kann auf etwa 60 kWh/(m²WNFa) abgeschätzt werden, genaue Zahlen liegen nicht vor.

Der mittlere Endenergieverbrauch des Wohngebäudeparks für Heizung und Warmwasser beträgt derzeit etwa 160 kWh/(m²WNFa) für Gebäude mit fossilem Heizsystem, Biomasse oder Fernwärme [3]. Die besten umfassenden Sanierungen im deutschsprachigen Raum liegen bei Beheizung mit Gas oder Fernwärme bei etwa 45 bis 60 kWh/(m²WNFa), bei Beheizung mit Wärmepumpe bei etwa 14 bis 20 kWh/(m²WNFa) [4]. Die schlechtesten unsanierten Gebäude liegen – bei Beheizung mit Öl oder Gas - nach wie vor bei Endenergieverbräuchen Heizung + Warmwasser von etwa 250 bis über 300 kWh/m²WNFa [5]. Der Marktanteil derartig schlechter Gebäude ist jedoch in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen.

Der mittlere Endenergieverbrauch von (derzeit) umfassend sanierten Wohngebäuden für Heizung und Warmwasser kann auf ca. 100 kWh/(m²WNFa) abgeschätzt werden.

Wie Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen, können Heizwärmeverbräuche von 25 bis 30 kWh/(m²WNFa) und Endenergieverbräuche für Heizung und Warmwasser von etwa 50 bis 55 kWh/(m²WNFa) kostenoptimal erreicht werden, d.h. mit niedrigeren Gesamtkosten für Investition, Wartung und Instandhaltung sowie Energie, als Sanierungen im üblichen, deutlich schlechteren Energieniveau. Wirtschaftlichkeitsberechnungen bauen auf einer großen Anzahl von Annahmen auf, insbesondere in Bezug auf Energiepreise; die vorsichtigen Prognosen der Vergangenheit werden jedoch gegenwärtig von der Realität in hohem Maße übertroffen.

Der mittlere Endenergieverbrauch der Nicht-Wohngebäude für Heizung und Warmwasser kann auf Basis des im EA+-Monitoringbericht genannten Gesamtverbrauch und der in der Szenarienstudie des EIV von 2020 genannten Gesamtfläche von ca. 11,1 Mio. m² auf etwa 96 kWh/(m²WNFa) abgeschätzt werden. Das wirtschaftliche Einsparpotenzial durch Sanierung ist von Gebäudetyp zu Gebäudetyp unterschiedlich und kann auf durchschnittlich 40-50% in Bezug auf den jeweiligen Verbrauch vor Sanierung geschätzt werden. Detaillierte Daten liegen nicht vor.

Bei der derzeitigen (niedrigen) thermischen Sanierungsrate im Wohnbau von 0,85% und einem mittleren Endenergiebedarf der zu sanierenden Gebäude von 200 kWh/m²a kann der Wärmebedarf durch die kostenoptimale Verbesserung des Sanierungsniveaus von real ca. 100 auf 60 kWh/m²a jedes Jahr um 26 GWh/a reduziert werden - mit Horizont 2040 liegt das Potenzial kostenoptimaler thermischer Qualität - bei gleichbleibender, niedriger Sanierungsrate - somit bei ca. 475 GWh/a, bzw. 0,27 Tonnen CO2 pro Person und Jahr (bei heutiger Heiztechnik). Bei Beibehaltung des gegenwärtigen Sanierungsniveaus läge die Einsparung deutlich niedriger (350 GWh / 0,2 Tonnen). Entscheidende Bedeutung erlangt dieser Unterschied bei Umsetzung der erforderlichen, deutlich höheren Sanierungsrate (siehe Handlungsfeld G1.3 [6]).

Gesetze und Verordnungen, regional

  • Bautechnikverordnung Vorarlberg, Stand November 2021: [7] - nimmt Bezug auf:

Gesetze und Verordnungen, Bund und EU

  • OIB-Richtlinie 6 (2019): [8]
  • Erneuerbare-Wärme-Gesetz - EWG (in Begutachtung, Stand Juli 22): [9] (u.a. Gasheizungsverbot im Neubau ab 2023)
  • Europäische Gebäuderichtlinie, Richtlinie EU 2018 (844) - EPBD: [10]

Förderungen und Subventionen, regional

  • Wohnhaussanierungsrichtlinie 2022: [11]
  • Energieförderung Vorarlberg 2022: [12]
  • Bedarfszuweisung für öffentliche Gebäude: [13] (bei Kindergärten und Kinderbetreuung: Landesförderungen statt Bedarfszuweisung)

Förderungen und Subventionen, Bund und EU

  • KPC-Förderung für die thermische Sanierung von Betrieben: [14]
  • KPC-Mittel für die thermische Sanierung von öffentlichen Gebäude: [15]

Maßnahmen

Neuauflage Bautechnikverordnung (G1.2.1)

In der für den 01.01.2025 geplanten Neuauflage der Bautechnikverordnung Vorarlberg sollten - z.T. in Umsetzung der für 2023 erwarteten Novelle der EPBD und der OIB Richtlinie 6 sowie des Erneuerbare Wärme Gesetzes - die folgenden Änderungen in Bezug auf die Sanierung von Gebäuden aufgenommen werden:

  • Verschärfung des Anforderungsniveaus für die Qualität der Gebäudehülle von Gebäuden ohne große Restriktionen (strengere Anforderungen an den Heizwärmebedarf, so dass reale Heizwärmeverbräuche von 25-30 kWh/(m2WNFa) für MFH und von 30-35 kWh/(m2WNFa) für EFH resultieren
  • Verschärfung des Mindestanforderungsniveaus bei der Sanierung von Einzelbauteilen auf kostenoptimale U-Werte
  • Verschärfung des Anforderungsniveaus für PEB und CO2, so dass reale Endenergieverbräuche (Heizung + Warmwasser) von 60 bis 70 kWh/(m2WNFa) für Gebäude mit Fernwärme- oder Biomasseheizung bzw. von 20 bis 25 kWh/(m2WNFa) für Gebäude mit Wärmepumpenheizung resultieren
  • Differenzierung der Anforderungen an Nicht-Wohngebäude nach Gebäudetyp/Nutzung und Einführung strengerer Anforderungswerte (ähnlich wie in klimaaktiv)

Die Kompetenz für die Maßnahme liegt beim Land Vorarlberg.

Der Erfolg der Maßnahme kann über ein Monitoring der leitungsgebundenen Energieträger Fernwärme und Wärmepumpenstrom gemessen werden.

Neuauflage Wohnhaussanierungsrichtlinie (G1.2.2)

In der übernächsten Novelle der Wohnhaussanierungsrichtlinie sollten zum 01.01.2025 über die Anforderungen der BTV 2025 hinausgehend die folgenden Änderungen umgesetzt werden:

  • Reduktion der Gesamtförderung für den Neubau von Wohngebäuden zugunsten der Förderung energetisch und ökologisch hochwertiger Sanierungen
  • Eigene Sanierungsförderrichtlinie für den gemeinnützigen Wohnbau
  • Beschränkung der Förderboni für Energie auf Sanierungen, die die Mindestanforderungen der BTV 2025 merklich unterschreiten:
    • Energieboni nur für Neubauten, deren zu erwartender realer Endenergieverbrauch (Heizung + Warmwasser) unter 50 kWh/(m2WNFa) für Gebäude mit Fernwärme- oder Biomasseheizung bzw. unter 18 kWh/(m2WNFa) für Gebäude mit Wärmepumpenheizung liegt

Verlagerung eines Teils der zu Beratung und Bau- bzw. Prozessbegleitung

Die Kompetenz für die Maßnahme liegt beim Land Vorarlberg.

Der Erfolg der Maßnahme kann über ein Monitoring der leitungsgebundenen Energieträger Fernwärme und Wärmepumpenstrom gemessen werden.

Einführung Beratungsprogramm energetisch-wirtschaftliche Optimierung von (MFH)Sanierungen (G1.2.3)

Um den Akteuren der Bauwirtschaft den schnellen Übergang zu hocheffizienten, dekarbonisierten und wirtschaftlichen Sanierungen zu erleichtern, sollte ein neues Beratungsprogramm ab 2024 eingeführt werden. Die Beratung sollte zunächst für die Sanierung von (gemeinnützigen) Mehrfamilienhäusern angeboten werden und in einer zwei- bis dreijährigen Pilotphase vom EIV, später von weiteren Akteuren angeboten werden. Ziel ist es, möglichst vielen Bauherren die Vorgehensweise zur energetisch-wirtschaftlichen Optimierung aufzuzeigen. Im Rahmen der energetisch-wirtschaftlichen Optimierung werden sowohl die Energieverbräuche und THG-Emissionen im Betrieb, als auch jene in der Herstellungsphase betrachtet. Die Beratung sollte einen Umfang von etwa 12.000 EUR pro Projekt haben, 6.000 EUR davon gefördert vom Land, der Rest als Eigenbetrag des Bauherrn. Die Beratung sollte auch die Bestandsaufnahme und Analyse beinhalten und auch das Thema Sanierung oder Abriss und Ersatzneubau umfassen.

Die Kompetenz für die Maßnahme liegt beim Land Vorarlberg. Erfolgsindikator ist die Anzahl der Beratungen.

Geförderte Pilotprojekte zur seriellen Sanierung von Mehrfamilienhäusern und Nicht-Wohngebäuden (G1.2.4)

Der Arbeitskräftemangel in der Baubranche führt dazu, dass selbst bei steigender Nachfrage zu wenig Sanierungen durchgeführt würden. Außerdem kann die Arbeitskräfteknappheit die für energetisch hochwertige Sanierungen unabdingbare hohe Ausführungsqualität gefährden. Ein Lösungsansatz bieten serielle Sanierungen, wie sie unter der Bezeichnung „energiesprong“ u.a. in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Großbritannien in Umsetzung sind. Vorteil der seriellen Fertigung ist nicht nur die Erhöhung der Produktionskapazität, sondern auch die qualitativ hochwertige Umsetzung der vordefinierten, energetisch hochwertigen Konzepte. Um derartige Sanierungen auch in Vorarlberg zu etablieren, sollten Pilotprojekte an Mehrfamilienhäuern und größeren Nicht-Wohngebäuden durchgeführt und vom Land gefördert werden – ähnlich, wie dies z.Zt. in Baden-Württemberg geschieht.

Die Kompetenz für die Maßnahme liegt beim Land Vorarlberg. Der Erfolg der Maßnahme kann an der Zahl der in serieller Vorfertigung sanierten Wohn- und Nutzeinheiten gemessen werden.

Einwirkung auf Bund

Umstellung auf Warmmietmodelle zur Beseitigung des Vermieter/Mieter-Dilemmas

Eines der Haupthindernisse bei der Umsetzung hochwertiger energetischer Sanierungen ist das so genannte Vermieter/Mieter-Dilemma: Während der Vermieter die Investitionskosten der Sanierungsmaßnahmen trägt, profitiert der Mieter vom Nutzen, der Verringerung der Energiekosten. Um dieses Dilemma aufzulösen, ist in Schweden das Warmmietmodell Standard, in dem der Mieter und Vermieter eine Gesamtmiete inkl. Energiekosten vereinbaren. Der Vermieter kann dadurch die Energiesparmaßnahmen wirtschaftlich optimieren, im Mittel sind dadurch bessere energetische Sanierungsqualitäten zu erwarten. Ähnliche Modelle werde auch in energiesprong umgesetzt: die energetische Sanierung wird über langfristige Verträge durch die Energiekosteneinsparung finanziert.

Die Kompetenz der Maßnahme liegt beim Bund. Der Erfolg der Maßnahme kann durch die Anzahl der Wohneinheiten gemessen werden, die nach dem Warmmiet-Modell vermietet werden.

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

in Arbeit

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen