Handlungsfeld M1.6: Güterverkehr elektrifizieren

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Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Breuer

Mitarbeit: Martin Reis, Peter Waldenberger, Pia Blessing, Christof Drexel

Das Handlungsfeld mit seinen abgeleiteten Maßnahmen bezieht sich auf das Aktionsfeld 8.9 der Strategie der EA+. Im September 2022 wurde außerdem das Güterverkehrskonzept Vorarlberg veröffentlicht [1].

Status quo

Ausgangslage und Zielsetzung

In Österreich gehören 90% der Nutzfahrzeuge der Klasse N1 (zulässiges Gesamtgewicht <3,5 to) an [2]. Sowohl Jahresfahrleistung als auch spezifischer Verbrauch dieser Fahrzeuge sind aber deutlich geringer als beim Schwerverkehr, sodass rund die Hälfte der verbleibenden Emission des Straßengüterverkehrs hier anzusiedeln ist. Die vollständige Elektrifizierung verspricht somit eine Emissionsreduktion um 0,3 Tonnen pro Person und Jahr, wobei die Emission beim Sektor Energieversorgung durch den nötigen Stromimport um 0,1 Tonnen ansteigt. (vgl. Handlungsfeld M1.3 [3]).

Die Nutzfahrzeuge der Klasse N2 und N3 (>3,5 to zGG) verursachen in etwa Hälfte der Emission des Straßengüterverkehrs. Die vollständige Elektrifizierung (die je nach technologischer Entwicklung in Teilsegmenten auch via Wasserstoff erfolgen könnte) ist mit einer Emissionsreduktion um 0,3 Tonnen pro Person und Jahr verbunden; auch hier steigt die Emission beim Sektor Energieversorgung durch den nötigen Stromimport zunächst um 0,1 Tonnen an. (vgl. Handlungsfeld M1.3 [4]).

Technologisch stehen Biogas-betriebene Fahrzeuge, batterieelektrische (BEV) und elektrisch betriebene Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzelle (FCEV), sowie e-Fuels als Alternativen zu den herkömlichen Dieselfahrzeugen im Bereich N2 und N3 zur Verfügung. Gemäß [5] stellen BEV in vielen Anwendungsbereichen die beste Möglichkeit dar, sowohl aus Energie-, Emissions- wie auch aus ökonomischer Sicht. Biogas steht für eine breite Umstellung nicht annähernd in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung; e-Fuels sind auch perspektivisch viel zu teuer. H2-Brennstoffzellenfahrzeuge können hingegen mit relativ großer Reichweite und kurzer Ladezeit punkten; allerdings bei hohen TCO (Total Cost of Ownership), vgl. [6].

Für viele Anwendungen gilt die Umstellung auf BEV als gesichert; die entsprechende Lade-Infrastruktur ist jedenfalls auszubauen. Das sogenannte Megawatt-Charging wird auch für den Schwerverkehr viel mehr Optionen bringen, als derzeit gegeben sind, da die Nachladung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten möglich ist. Dieser Standard ist derzeit allerdings noch in Entwicklung; ab 2023 sollen erste Ladestationen in Betrieb sein. Aus Sicht der Autoren handelt es sich hierbei um eine vielversprechende Entwicklung; in welchen Bereichen demgegenüber H2-Brennstoffzellenfahrzeuge zukünftig zum Einsatz kommen, ist noch unklar. Die Maßnahmen zielen deshalb vorwiegend auf die Elektro-Mobilität ab; die Entwicklung muss aber weiterhin sorgfältig beobachtet werden.

Update Dezember 2022: Gute Übersicht in einem VCÖ-Blog [7].

Update Februar 2023: Fraunhofer-Studie über Machbarkeit und Wirtschaftlichlichkeit von Substitutionen durch E-LKWs [8]

Mit EMIL stellt das Energieinstitut ein wertvolles Tool zur Gegenüberstellung von leichten Nutzfahrzeugen (Energie, CO2, Wirtschaftlichkeit, etc.) zur Verfügung [9].

Gesetze und Verordnungen, regional

Gesetze und Verordnungen, Bund und EU

  • EU-Verordnung 2019/1242: CO2-Emissionsnormen neuer schwerer Nutzfahrzeuge [10] (gegenüber 2019/2020: -15% ab 2025, -30% ab 2030)

Förderungen und Subventionen, regional

Förderungen und Subventionen, Bund und EU

  • KPC-Förderung für leichte E-Nutzfahrzeuge: [11]
  • Förderprogramm der FFG für Umstellung von Nutzfahrzeugen auf emissionsfreie Antriebe: [12]

Maßnahmen

Der Erfolg der nachstehenden Maßnahmen wird am Rückgang der Zulassungszahlen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sowie des Treibstoffverbrauchs (Energiemonitoring des Landes) gemessen. Außerdem stellt der Anteil von elektrischen Antrieben bei Neuzulassungen der Klassen N1 und N2 einen Indikator dar.

In diesem Handlungsfeld kommt auch die Maßnahme M1.3.5 (Vehicle-to-Grid) zur Wirkung.

Elektro-Mobilität forcieren (M1.6.1)

Für alle Anwendungen, die bereits mit verfügbaren BEV abgedeckt werden können, sollen diese bei Neuanschaffungen möglichst ausschließlich zur Anwendung kommen. In vielen Fällen ermöglichen die bereits geltenden Bundesförderungen den (langfristig) wirtschaftlichen Einsatz; für andere Anwendungen sollen Finanzierung- und/oder Fördermodelle ergänzt werden. Umfassende Übersicht mit vielen hilfreichen Infos: [13]

Good Practise: [14][15]

Umsetzung durch: Unternehmen, Land

Elektrifizierung von Sonderfahrzeugen (M1.6.2)

Auch für Sonderfahrzeuge (etwa Recycling- und Bau-Logistik) stehen schon elektrische Alternativen zur Verfügung [16], die bei Neuanschaffungen ausschließlich zur Anwendung kommen sollen.

Umsetzung durch: Unternehmen aus den betroffenen Branchen.

Technologieentwicklung beobachten (M1.6.3)

Wie in der Ausgangslage beschrieben, ist noch nicht final geklärt, wie groß der Anwendungsbereich von BEV und deren Ladeinfrastruktur zukünftig sein wird. Abhängig davon wird es möglicherweise auch relevante Einsatzgebiete für FCEV geben, deren Entwicklung ebenso sorgfältig zu beobachten ist, wie jene der europäischen Schwerverkehrs-Strategien. In Abhängigkeit davon sind entsprechende strategische Weichenstellungen vorzunehmen.

Umsetzung durch: Güterverkehrskoordination (vgl. Maßnahme M1.4.1)

Lade-Infrastruktur schaffen (M1.6.4)

Für jene zukünftigen Anwendungen, die heute schon gesichert durch BEV abgedeckt werden können, ist eine Ladeinfrastruktur aufzubauen. In Abhängigkeit der Erkenntnisse von Maßnahme M1.6.3 ist auch die Megawattcharging-Infrastruktur aufzubauen.

Umsetzung durch Investoren, Energieversorger, Netzbetreiber (tbd)

Verdrängung des Verbrennungsmotors (M1.6.5)

Noch wichtiger als die Forcierung des emissionsfreien Güterverkehrs ist die Verdrängung des Verbrennungsmotors.

  • Einfahrtsverbote für Verbrenner in Innenstädte ab 2030 (IG Luft)
  • Vorarlberg wird Modellregion für Erstzulassungsverbot für Verbrennungsmotoren: Leichte Nutzfahrzeuge ab 2027, schwere NFZ ab 2030

Einwirkung auf den Bund

  • Mautbefreiung für Elektro Nutzfahrzeuge der Klasse N2

Auswirkungen der Umsetzung

...auf die Ökonomie

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bewertungen werden hier leichte (<3,5 to zGG) und schwere Nutzfahrzeuge unterschieden.

Als Referenz für die leichten Nutzfahrzeuge wird ein Kastenwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen herangezogen; das Modell mit konventionellem Dieselantrieb kostet € 42.000,--, die vollelektrische Variante mit einer Reichweite von ca. 250 km kostet € 66.000,--. Gegenwärtig wird diese Anschaffung vom Bund mit € 12.500,-- und vom Land Vorarlberg zusätzlich mit € 3.500,-- gefördert. Die Förderungen werden in der nachstehenden Betrachtung allerdings NICHT berücksichtigt.

Bei einer angenommenen Nutzungs-(und Finanzierungs-)dauer von 12 Jahren und einer Zinssatz von 4% beträgt die Annuität € 4.475,-- im Fall des konventionellen Fahrzeugs und € 7.032,-- für das Elektrofahrzeug; die jährlichen Mehrkosten für die Investition betragen somit € 2.557,--.

Die laufenden, jährlichen Kosten für das Diesel-Fahrzeug betragen € 6.932,-- und setzen sich wie folgt zusammen:

  • Treibstoffkosten: 22.000 km x 9,8 Liter/100 km x 2 €/Liter macht € 4.312,--
  • Steuern und Versicherung: € 1.680,--
  • Wartung und Reparaturen: € 940,--

Die laufenden, jährlichen Kosten für das Elektro-Fahrzeug betragen € 3.420,-- und setzen sich wie folgt zusammen:

  • Energiekosten: 22.000 km x 35 kWh/100 km x 0,3 €/kWh macht € 2.310,--
  • Steuern und Versicherung: € 800,--
  • Wartung und Reparaturen: € 310,--

Die laufenden Kosten des Elektrofahrzeugs sind somit um € 3.512,-- niedriger; der jährliche Vorteil liegt bei € 955,--. Unter der Berücksichtigung der derzeitigen Förderungen liegt die jährliche Einsparung sogar noch deutlich höher (€ 2.660,--). Darüber hinaus stellt sich Wirtschaftlichkeit noch besser dar, wenn etwa das Laden an der eigenen Ladestation mit PV-Anlage erfolgt, oder die sukzessive ansteigende CO2-Steuer berücksichtigt wird.

Schwere Nutzfahrzeuge mit 3,5 bis 40 Tonnen zGG sind derzeit noch deutlich schwieriger zu kalkulieren - zum einen, weil hier noch eine rasante technologische Entwicklung im Gange ist, zum anderen, weil die ökonomischen Rahmenbedingungen für den Betrieb volatil sind.

Für viele Anwendungen stehen heute bereits die richtigen Modelle zur Auswahl, für andere sind noch Entwicklungen abzuwarten, Stichwort Megawatt-Charging für den Fernverkehr.

Stellvertretend für die Vielzahl an Anwendungen und unterschiedlichen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen wird hier eine eher ungünstige Situation beschrieben:

Diesel-Fahrzeug:

  • Anschaffungskosten € 95.000,--, Annuität bei 10 Jahren Nutzungsdauer und 4% Zinssatz: € 11.700,--
  • Diesel-Kosten bei 80000 km Fahrleistung, Verbrauch von 34 l/100 km und 1,6 €/Liter: € 43.520,--
  • Mautkosten (Österreich) bei 70% Autobahnanteil: 80.000 km x 70% x 0,42 €/km = € 23.520,--
  • Reparatur und Wartung, Schmierstoffe, etc.: € 17.000,--
  • Total Cost of Ownership: € 95.740,--

Elektro-LKW:

  • Anschaffungskosten € 350.000,--, Annuität bei 10 Jahren Nutzungsdauer und 4% Zinssatz: € 43.150,--
  • Energiekosten bei 80000 km Fahrleistung, Verbrauch von 135 kWh/100 km und 0,4 €/kWh: € 43.200,--
  • Mautkosten (Österreich) bei 70% Autobahnanteil: 80.000 km x 70% x 0,2 €/km = € 11.200,--
  • Reparatur und Wartung, Schmierstoffe, etc.: € 12.000,--
  • Total Cost of Ownership: € 109.550,--

Die CO2-Einsparung beträgt bei Anwendung des österreichischen Strommixes (ca. 250 g/kWh) 64 Tonnen pro Jahr; die CO2-Vermeidungskosten liegen in diesem Beispiel bei 216 €/Tonne.

Änderungen bei den angesetzten Investitionskosten, Energiepreisen und Steuererleichterungen können sich signigikant auf diese Betrachtung auswirken.

...auf den Arbeitsmarkt

in Arbeit

Sonstige Auswirkungen

Co-Benefits

Reduktion externalisierter Kosten, Gesundheit, Lebensqualität, Versorgungssicherheit, Sozialkapital,...

Nachteilhafte Nebenwirkungen

Partizipation

Wie müssen die betroffenen Akteure miteinbezogen werden?

Umsetzergruppe

Interessensvertretungen, Netzwerke

Technologie- und Lösungsanbieter

Unabhängige FachexpertInnen

Allgemeine Anmerkungen